Whistleblower: Menschen, die auf Mißstände hinweisen, Kritik üben, Hinweise auf Fehlentwicklungen, Korruption oder Bestechung geben. In Deutschland: eher unerwünscht. Wir halten es lieber wie die Mafia: Wer pfeift, wird mundtot gemacht.
Dass das keine platte Polemik, sondern leider ziemlich nah dran an der Realität ist zeigt ein einfaches Denkspiel: Finde ein Äquivalent für “Whistleblower” in der deutschen Sprache.
Informant? Trifft es nur ungenau. Tippgeber? Zu schwach.
Wir haben stattdessen schöne Wörter wie “Denunziant”, “Verräter”, “Kollegenschwein”, “Querulant” die Whistleblower in Mißkredit bringen, statt seine Aufklärung zu würdigen.
Eine Kultur des Nicht-Kritisierens
Diese Kultur des Nicht-Kritisierens spiegelt sich auch in der deutschen Gesetzgebung wieder: Ein Gesetz, das Whistleblower schützt gibt es nicht. Eine offizielle Anlaufstelle, die berät und hilft fehlt, ebenso wie ein Ombudsmann. Auch können Whistleblower nicht auf Schmerzensgeld oder Schadenersatz klagen, wenn sie durch ihr Whistleblowing Nachteile erleiden.
Andere europäische Länder sind längst weiter, wie dieses Ranking von Transparency International zeigt:
In Großbritannien sind Arbeitgeber in der Beweispflicht, dass ein Whistleblower nicht aufgrund seiner Enthüllungen versetzt, entlassen oder anders sanktioniert wurde.
In den Niederlanden gibt es eine offizielle Anlaufstelle und einen Ombudsmann.
In Rumänien dürfen Whistleblower sich sofort an Medien, Aktivisten oder die Öffentlichkeit wenden, wenn ihnen Unregelmäßigkeiten auffallen.
Anders als in Deutschland, wo sie immer erst den “Dienstweg” beschreiten müssen, wollen sie ihrem Arbeitgeber nicht einen Grund geben, sie kündigen zu dürfen.
Ausreichender Schutz durch Arbeitsrecht?
Doch alle bisherigen Bundesregierungen waren der Ansicht, dass das bestehende Arbeitsrecht und die allgemeinen kündigungsrechtlichen Vorschriften Whistleblower ausreichend schützen. Auch die letzte Bundesregierung hat das als Antwort auf eine kleine Anfrage von Bündnis90/Die Grünen so formuliert.
Die SPD-Fraktion hat zwar im Februar 2012 einen Gesetztesentwurf namens “Hinweisgeberschutzgesetz” vorgestellte. Passiert ist aber bislang nichts. Und in den Koalitionsverhandlungen spielt es meines Wissens nach bislang keine Rolle.
Grund genug, dass ich mir das Thema für Zapp nochmal vorgenommen habe:
//UPDATE 18.11.13 12.33 Uhr//
Die Linksfraktion im Bundestag hat heute morgen einen Gesetzesentwurf zum Schutz von Whistleblowern in Berlin vorgestellt.
Die Forderungen:
- Arbeitnehmer, die auf Missstände in ihren Unternehmen oder Institutionen hinweisen, sollen vor arbeitsrechtlicher oder strafrechtlicher Verfolgung geschützt werden
- Medien, die Informationen von Whistleblowern nutzen, sollen vor Verfolgung oder erzwungener Offenlegung ihrer Quellen geschützt werden
- es soll eine öffentliche Beobachtungs- und Beratungsstelle für Whistleblower eingerichtet werden
Leider konnte ich den genauen Wortlaut des Gesetzes bislang nirgends im Netz finden. Besonders würde mich interessieren, ob der Entwurf auch vorsieht, dass der Dienstweg nicht mehr eingehalten werden muss, wenn ein Whistleblower Kritik üben möchte.